10
Apr
2016
17

Wochenrückblick (8) – Offenheit, Neugier und Liebe

Würde ich jedem Erlebnis, welches mich hier drüben in Vietnam berührt, ein paar Zeilen schenken, füllte sich dieser Blog täglich mit vielen, vielen Zeilen. Allein die Einschlagdichte ist zu hoch…

Wir erleben hier täglich ein Füllhorn an Begegnungen und Momenten, die uns alle nachhaltig an einen Punkt unseres Ich´s zurück führen, von dem aus wir wahrscheinlich irgendwann mal gestartet sind. Wir finden hier unseren Resetknopf und drücken zu, immer wieder und wieder. Von außen betrachtet mögen meine wöchentlichen Zeilen, wie der ewig gleiche Sprung in der Schallplatte klingen, doch lasst mich mal ein Stündchen unserer letzten Woche herauspicken und erzählen.

Während unserer ersten Tour – also vor drei Wochen –  kamen wir in ein kleines Bergdorf, oben an der Laotischen Grenze. Ich setzte meine Pappenheimer wie immer einzeln an verschiedenen Stellen des Dorfes aus, damit sie ihre Reportage mit Fotos befüllen, Kontakt zu den Einheimischen aufbauen und sich in Konversation ohne Sprache üben, ohne sich permanent über den Weg zu laufen. Ralf und Jürgen hatten sich seinerzeit in die örtliche Dorfschule verlaufen und dort spontan Klassen- und Kinderfotos von den kleinen Rotznasen gemacht (Siehe Blogpost). Schulfotografen gibt es hier oben nicht, also übernahmen die Beiden spontan diese Aufgabe. Ralf und Jürgen erlebten mithin einen ihrer schönsten Tage der Tour und waren sichtlich beeindruckt von der Dynamik und Gastfreundschaft, machten Fotos und genossen die Stunde in dieser Schule. Zurück in Hanoi, wurde dann die Idee geboren, die dort gemachten Fotos für alle Kinder ausdrucken zu lassen und bei der nächsten Tour einfach vorbei zu bringen. Gesagt getan. Marc und Yannick machten sich also – nun drei Wochen später und zusätzlich bewaffnet mit kleinen Minidruckern – auf den Weg in die Schule, um Fotos vorbei zu bringen. Ich ging einfach mal mit, um Material für meinen Film zu sammeln. Was dann folgte lässt sich schwer in Worte kleiden, deshalb habe ich – auf die Schnelle – mal ein paar Sequenzen herausgepickt und zusammen geschnitten:

Stellt euch einfach mal eine ähnliche Situation in Deutschland vor. Drei Fremde besuchen (unangekündigt) eine deutsche Schule, sprengen den Unterricht und fotografieren… wisst ihr was ich meine? Die Lehrer baten uns sofort herein und freuten sich über unseren Besuch. Eine Sache, die mir dann jedes Mal durch den Kopf schiesst: Beim Thema „Misstrauen gegenüber Fremden“ kann sich halb Europa eine Scheibe von den Ärmsten der Armen hier abschneiden. Vor allem in den Dörfern, in denen die Menschen am Wenigsten haben, werden wir ständig eingeladen und man teilt das Wenige mit uns. Wir tauchen immer unangekündigt auf und treten mit den Menschen in Kontakt – noch nie wurden wir abgewiesen. Wir erleben hier täglich solche Situationen und schämen uns für jeden fremdenfeindlichen Deutschen im eigenen Land. Und zwar sehr.

Nein, der Mensch wird nicht mit Misstrauen geboren, sondern mit Offenheit, Neugier und Liebe. Erst die Gesellschaft macht ihn zum Idioten. Im Moment sind es leider ein paar mehr bei uns in Deutschland. Ich möchte am Liebsten all jene hierher schicken und für eine Stunde in einem Dorf absetzen.

Eine wundervolle Woche wünsche ich euch…

Euer Stilpirat

PS: Mittlerweile habe ich aus meinen täglichen Begegnungen ein Projekt gemacht, welches ich unter „Your daily dose of smile“ hier auf Instagram täglich erweitere: http://instagram.com/yourdailydoseofsmile/

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