28
Sep
2010
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FED3 – die russische Schönheit und die Ästhetik der Fehler

Vor etwa 3 Wochen war es. Da klopfte mein geschätzter Nachbar ans Fenster und übergab mit mit den Worten. „Schau mal!2 wohlriechende Pakete russischer Ingenieurskunst. Es waren zwei russische FED´s. Eine FED2 sowie eine FED3. Ich war ausser mir vor Freude! Denn bereits als Besitzer einer Kiev 4 bin ich dem Charme  dieser rassig-schönen Vollformater aus den Zeiten des russischen Vorhangs erlegen. Um ehrlich zu sein handelt es sich nur zum Teil um „russische Ingenieurskunst“, denn die Brüder waren damals das, was die Chinesen heutzutage sind: Kopierer. Bei der FED handelt es sich um den Nachbau der Leica, was den Dingern den Namen „Russenleica“ gab.

Das Handling ist ein Alptraum: Der Sucher ist klein und pupsig, die Fokussierung mittels Messsucher ein Glücksspiel und das Einstellen der Blende stufenlos – also so ungefähr. Die Zeiten haken auch etwas – aber egal! Als Verwöhnter Nutzer von Präzisions-Handwerk ist das Fotografieren mit Kameras dieser Art ein Riesenspaß! Ich war so mutig und belichtete einen lange abgelaufenen „Imation 100“ an einem wunderschönen Spätsommermorgen. Das Licht kroch durch den aufsteigenden Nebel und ich wollte der FED3 die Chance geben diese Momente einzufangen. Nun, sie hat die Chance genutzt. Aber anders als ich dachte. Denn als ich die Filme aus dem Labor holte, staunte ich nicht schlecht. Offenbar ist der Verschluß-Vorhang meiner FED3 löchrig wie ein schweizer Käse und lässt einiges an Licht durch.

Doch sollte ich sie deshalb in die Ecke hauen? Nö! Denn irgendwie find ich die Ästhetik der Fehler schon wieder sehr charmant. Das nächste Mal versuche ich sie als Gestaltungsmittel bewusst einzusetzen. Man kann den Effekt nämlich mit der Objektiv-Kappe bis zu einem gewissen Grad steuern… Entweder direkt nach dem Knipsen direkt wieder drauf oder aber etwas länger offen lassen…

Was meint Ihr? Ist es einen Versuch wert?

fed3-b fed3-c fed3-d fed3-e

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12 Responses

  1. Hallo Stilpirat.
    Ohne gleich das Verschlusstuch zu wechseln, kann man auch versuchen es mit schwarzem flüssigen Latex zu retten.
    Zu kaufen gibt’s das Zeug im Bastelbedarf z.B. zum Herstellen rutschfester Socken. Ich habe es hier bestellt: http://www.crea-pro24.de/Fluessiglatex-ohne-Ammoniak-farbig-100ml
    …natürlich in Farbe schwarz wählen.
    Vorsichtig mit dem Zeug, aus Textilien geht es nicht wieder raus (Teppich, Kleidung). Ist der Vorhang stellenweise eingerissen, dann hilft es nicht. Solange der Stoff intakt ist und nur die Beschichtung brüchig ist geht es. So dünn wie möglich mit einem Pinsel auftragen, lieber mehrmals ganz dünne Schichten und immer gut trocknen lassen, mit einer Tachenlampe im Dunkeln auf Dichtigkeit prüfen. Den Pinsel sofort mit warmen Wasser ausspülen. Die Dicke des Vorhangs kann sich auf die Verschlusszeiten auswirken, ist bei mir aber nicht gewesen, daher so dünn wie möglich.
    Auf jeden Fall ausprobieren, falls dir die Lichtlecks nicht mehr gefallen sollten 🙂 Wenn es hilft, ist es besser als eine teure Reparatur oder Neuanschaffung. Wie lange es hält kann ich nicht sagen, bei mir bereits ein Jahr.

    Viele Grüße
    Mario

  2. ich finde den effekt echt toll! würde auf jedenfall wieter dmait spielen. auch die farben sind toll. hast daran noch was gemacht? wenn nicht, können das bestimmt auch schöne geheimnisvolle portraits werden.

  3. Hallo Stilpirat,
    Danke für Dein Verständnis und dass Du meine Kritik nur auf diese – wirklich nur auf diese Fotos – so verstanden hast, wie ich sie meinte.

    Ansonsten sind Deine Bilder einfach phantastisch, einfühlsam, das Richtige und Entscheidende aus dem fotografierten Objekt darstellend, einfach superprofessionell. Ich wünschte, mir würden solche Bilder gelingen, aber – Technik hin und Kameraauflösung her – es ist, das zeigen Deine Fotos, das Auge und der Kunstverstand des Fotografen, der ein gutes Bild erst entstehen lässt.

    Wenn Du die Bilder Klasse findest, sind sie Klasse, hanz einfach.

    Und so gesehen, ist es auch wieder akzeptabel, hin und wieder die „Russenleica“ zu kitzeln…

    Viele Grüße
    Carlo

  4. Tut mir leid, Ihr Enthusiasten des „Unperfekten“, kann es sein, dass ich der Einzige bin, dem die Bilder nicht gefallen?

    Klar, könnte man sich jetzt toll als „Künstler“ darstellen und diese Bilder ach-soooo-schick! finden. Tue ich aber nicht.

    Ich bin halt in einer Zeit geboren, in der es noch keine knackscharfen elektronischen Bilder gab sondern solche Bilder entsorgt wurden („Man sieht ja garnix!“). Und diese Kameras hätten wir auf den Müll geworfen.

    All das erinnert mich an meinen Nachbarn, der geleerte Bierdosen anstreicht, auf eine Leinwand klebt und an die Wand hängt (Ich weiß, Andy Warhol…)

    Also, ich finde sie fehlerhaft und nicht „charmant“ und der „Gestaltungsästhetik“ in dieser Form vermag ich nichts abzugewinnen (aber ich bin ja auch kein Künstler).

    Kennt Ihr die Geschichte „des Kaisers neue Kleider“?

    Das soll nicht heißen, dass Bilder nicht nachbearbeitet werden sollen oder mit Zufallsergebnissen dort, wo sie hinpassen und einer bestimmten Stimmung, einem Zweck unterworfen werden, gearbeitet werden kann.

    Und jetzt dürfen Ihr alle, die die „Perfektion des Unperfekten“ so künstlerisch wertvoll und superästhetisch finden, draufschlagen oder auch nur den Kopf schütteln.

    1. Hey Carlo, vielen Dank für den Kommentar, der auch mal eine andere Sicht zeigt. Ich hab mich ja selber gefragt, ob die Ergebnisse was taugen… mir gefielen sie… . Meine Meinung ist aber subjektiv – deshalb die Blogpost… Getreu dem Motto: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ 😉

  5. Ralla

    ich finde es auch wirklich super, was für eine überraschung. mach bloss weiter.
    ich selbst habe mir vor kurzem eine canonet 1.7 gönnt und bin noch dabei den ersten 36 schwarz/weiss film zu belichten, da kann ich ja schon gespannt sein, was mich erwartet … 🙂

  6. ralf

    die Perfektion des Unperfekten ist der Charme den Bilder ausmachen. Nicht das digital glattgeleckte und superentrauschgte knackscharfe und so weiter, sondern der kleine, nicht 100%ig reproduzierbare Fehler, eben das Original.

  7. yeah! das gefällt mir. unbedingt weiter machen. 🙂

    wann hab ich nur endlich die muße und zeit, auch mal wieder was analloges zu starten?

    ARGH

  8. Was soll man da sagen… let’s FED’s 😉 Tolle Bilder die durch die Geschichte zwar noch unterstrichen werden aber auch so eine super Ausstrahlung haben. Großartig, bin auf mehr gespannt.

  9. Moin!
    Mir gefallen die Bilder ebenfalls! Also weitermachen. ; )
    Kleiner Tip: Bei der Exakta meiner Freundin beschränkte sich Löchrigkeit auf nur eine Seite des Verschlussvorhanges. Verschluss entspannt lassen: Sternenhimmel http://www.flickr.com/photos/32145496@N05/3560031392/in/set-72157618556293249/
    Verschluss sofort wieder spannen: Alles OK. Sie hat sich dann aber doch mal ein neues Tuch gegönnt…. Viel Spass noch mit deinen FEDs, bin auf Ergebnisse gespannt.

  10. Aber sowas von auf jeden Fall 😉

    Die Bilder sind mal einfach nur geil. Vor allem wenn man die Geschichte dazu kennt, bekommen sie wirklich ihre ganz eigene Ästhetik. Ich fahr momentan auf solche Art Bilder bzw. auch Bildbearbeitung total ab. Warum immer alles perfekt, wenn grad solche Fehler das ganze wieder Charmant machen?! 😉

    Micha