19
Mrz
2020
46

Corona – das Ende von Häme und Zynismus

Wir konnten uns alles vorstellen: die Landung auf dem Mond, autonome Autos und die Begegnung mit Außerirdischen. Aber das Naheliegendste – ein Virus – dafür hielten wir uns zu klug, zu überlegen und zu entwickelt. Was wir aber waren, war arrogant. 

Ich habe neulich einen Typen in einem dieser unsäglichen Fail-Videos gesehen. Er hatte gerade einen selbstgebauten Sprengsatz gezündet und wurde von der Wucht der Explosion überrascht. Seine Haare und Augenbrauen versengt, sein Hemd verkokelt, torkelte er benommen drei Schritte zurück, bevor er hinfiel und liegenblieb. Er hat wahrscheinlich überlebt. Wahrscheinlich. Man konnte ihm jedoch ansehen, dass er noch die UNDO-Taste suchte. Im Real Life kannst du das vergessen. Wurde ihm dann auch klar…

Und nun plötzlich sind wir dieser Typ – wir alle. Und manche von uns, die gestern den Sprengsatz noch belächelten, schieben nun die Unterlippe nach vorn und halten den Kopf schief. 

Abstrakte Netflix-Dystopien im abgedunkelten Wohnzimmer konnten wir bisher immer auf Knopfdruck beenden. Immer. Nun fehlt uns der Knopf. Und ein „halt mal kurz an, ich muss pullern“ wird uns nicht helfen den Spuk zu beenden. Die Tage in denen wir gerade leben, sie sind der rote Strich im Zeitenkalender. Im Sprachgebrauch wird es nun immer ein „vor Corona“ geben und ein „danach“. Die Zukunft hat ihre Richtung geändert, die Party ist vorbei. Und es war nicht der Russe und nicht der Ami. Es war kein kalter Krieg und keine Atombombe, keine Armeen, die unser Land stürmten. Nein, es war der abgehackte Kopf einer Fledermaus auf einem chinesischen Markt in einer globalisierten Welt. 

Der Corona-Virus ist der mahnende Finger unseres Planeten, endlich damit aufzuhören, schneller als er selbst zu sein. Er zwingt uns darüber nachzudenken, was wirklich wichtig ist. Er sagt: ihr seid sterblich, geht nach Hause und bleibt dort eine Weile, kümmert und helft Euch. Er ist ein wundervolles Zeichen der Natur, das uns zur Einkehr und zur Besinnung zwingt. Er ist das Ende von Häme und Zynismus. 

Im „Danach“ werden wir das Miteinander mehr schätzen und jede Umarmung genießen, weil wir nun wissen, wie fragil diese einfachen Dinge doch sind und weil wir merkten, wie sehr sie uns fehlten. Wir werden aufhören darüber zu diskutieren, ob so konservative Gebilde wie eine Familie noch zeitgemäß sind. Und wir werden sehen, wie viele Veränderungen wir aushalten konnten – wie sehr wir plötzlich bereit waren, alles zu hinterfragen und neu anzufangen. 

Alles was uns nun bleibt, ist zu zeigen, dass wir menschlich sind, ausgestattet mit der Fähigkeit einander zu helfen.