3
Dez
2010
7

Der eigene fotografische Weg (Teil 3: Bildsprache)

Was heisst „Bildsprache“ eigentlich? Kann ein Bild sprechen? Und wenn ja, was erzählt es? Wozu braucht man eigentlich eine eigene Bildsprache? Nun, zumindest die letzte Frage lässt sich relativ einfach beantworten: Die eigene, unverwechselbare Bildsprache ist der Multiplikator deiner Arbeit, der Fluchtweg aus dem sich kannibalisierenden Diskount-Bereich, der Faktor X mit dem du deinen Tagessatz multiplizieren kannst – sie ist deine fotografische Identität.

Wenden wir uns zunächst einmal Fotografen zu, deren fotografisches Machwerk sofort auf den Urheber schliessen lassen. Wer fällt Euch als erstes ein? Anne Geddes, Robert Mapplethorpe, Jim Rakete? Ich habe bewusst mal diese 3 herausgegriffen. Schauen wir doch mal, was Euch zu den Dreien als erstes einfällt:

Anne Geddes = Babys
Robert Mapplethorpe = Akt
Jim Rakete = schwarz/weiss

Merkt Ihr was? In den 3 Beispiel-Bereichen (Baby, Akt, s/w) ist das fotografische Portfolio aller Fotografen dieser Welt unüberschaubar. Und trotzdem bringt man sofort bestimmte Fotografen damit in Verbindung. Es gibt sicherlich kein Motiv, was öfter fotografiert wird als „das Baby“  und trotzdem hat Anne Geddes es geschafft, sich mit ebendiesem Motiv einen Namen zu machen. Weil sie es auf ihre ganz eigene Weise macht. Und weil sie eben dieses Motiv immer und immer wieder penetriert – in verschiedenen Variationen. Ich kenne jedenfalls kein berühmtes „Brücken-Foto“ von ihr. Ein Schlüssel zur eigenen Bildsprache scheint also in der Kontinuität zu liegen. Mir fallen adhoc keine berühmten Farb-Motive von Jim Rakete ein… Euch? Solltet Ihr also an Eurer eigenen Bildsprache arbeiten und mit dieser identifiziert werden wollen, so schmeisst schon mal alle HDR-Versuche aus dem Flickr Stream und packt das Material von Euch zusammen, was zusammengehört.

Doch Kontinuität allein reicht nicht. Erinnert Ihr Euch an den letzten Teil (Analyse & Vergleich)? Paul Ripke hat ein eigenes (unfassbar geiles) Team nur für die Nachbearbeitung seines Materials! Hier wird aus einem Ripke Foto ein Ripke-Foto, was sich auch sofort mit ihm in Verbindung bringen lässt. Bei der Entwicklung der eigenen Bildsprache muß man sich also nicht auf das „geschossene Foto“ reduzieren. Einen unverkennbaren „look“ in der Postproduction zu kreieren ist eine ebensolche Kunst, wie in einem bestimmten „look“ zu fotografieren.

Man wird die Erarbeitung der eigenen Bildsprache jedoch nicht mit einer Rezeptur auf einen Punkt bringen – schon gar nicht in einer Blogpost. Fotografische Regeln zu verlassen kann ebenso dazu gehören, wie der Verzicht auf Nachbearbeitung oder der Wahl einer bestimmten Kamera bzw. eines bestimmten Objektives. Auch die Reduktion auf einen der Beiden großen Bereiche –  „situative“ oder „konzeptionelle“ Fotografie – ist nicht zwingend der Schlüssel zum Glück.

Schauen wir auf einen meiner Lieblingsfotografen: Neil Krug. Auch für ihn treffen beide bisher angeführten Punkte zu: Kontinuität in der Wahl seines verwendeten Materials (Polaroid) und der unverkennbare „look“ der sich aus der Verwendung ebendiesem Materials ergibt. Er benötigt weder große Sets noch teure Kameras um hochwertige Fotografien zu erstellen. Er arbeitet  mit einer Mischung aus den 2 großen Bereichen der Fotografie „situativ“ und „konzeptionell“ und zeigt, das es hier keiner Festlegung bedarf um sich seine eigene Bildsprache zu erarbeiten.

Es gibt per Definition jedoch einen Faktor, der dich von anderen Fotografen unterscheidet lässt und in dem große Chancen liegen. Dieser eine Faktor bist Du selbst. Spiel in aus! Das ist Dein Joker!

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3 Responses

  1. Ich hab ein wenig darauf gehofft, dass du diese Aspekte in ein paar Worte zusammenfasst. Vermutlich ist das, das schwierigste, so konsequent zu sein und etwas zu finden, was auf alle oder zumindest viele Produktionen passen wird. Bei Paul Ripke empfinde ich die Postproduction manchmal als zu plakativ. Es ist so übertrieben und irgendwie auch nicht neu. Was bei ihm aber sehr wiegt, ist sein Verständnis von Corporate Identity. Nicht bloß Stil und Präsentation der der Arbeit haben ein Konzept, sondern das Unternehmen/Produkt haben einen definierten Charakter, der immer wieder dargestellt wird. Der Kunde kauft hier ein ganz bewusst designtes Gesamtpaket, was man fast schon mit einem Datenblatt auflisten könnte. Vielleicht auch noch ein Faktor, der wichtig ist, neben der Produktionsseite.

  2. Deine Einleitung bringt es auf den Punkt. Ein unverwechselbare Stil ist die Quelle jeglichen Erfolgs (ab einem bestimmten Niveau). Doch diese scheinbar leichte Aufgabe, „nur“ sich selbst zu verwirklcihen, ist schwerer umzusetzen, als man auf dem ersten Blick meinen mag. Wie sonst ließe es sich erklären, dass es trotz Globalisierung und Internet nur so wenige Fotografen gibt, die es schaffen, ihre Bilder mit der eigenen Person so zu verknüpfen, dass sich das Ergebnis in die Köpfe des Betrachters einbrennt. Hier kommt es teiweise nicht nur darauf an, wer die besten Bilder macht, sonder wer es schafft seine (guten!) Bilder am besten vermarktet. Danke für deine inspirierenden Anregungen!