13
Okt
2014
17

Meine zwei Wochen mit der Pentax 645z

ich kenne dieses Gefühl. Ich hatte es das letzte Mal, als ich damals meine alte Nikon D90 in die ewigen Jagdgründe entließ und mir meine erste Vollformat-Kamera zulegte. Ist schon ne Weile her, aber so fühlt es sich gerade wieder an. Mein Umfeld zog – ob der hohen Anschaffungskoten (es waren knapp 5.000,-€ für ne D3s) – die Augenbrauen hoch und meinte: „Was willst du denn damit? Du kannst doch noch gar nicht richtig fotografieren.“ War mir egal – ich wusste, was ich wollte und behielt recht. In der Nachbetrachtung begann ich seinerzeit erst so richtig zu fotografieren – mit Überlegung und Idee, mit Konzept und Ziel. Und auch wenn ihr es nicht hören wollt (#Koch #Töpfe), diese Kamera leistete einen entschiedenen Beitrag für meine fotografische Entwicklung.

Und nun sitze ich vor dieser Pentax und erlaube mir darüber nachzudenken, wie es wäre, wenn… Ich hatte sie mittlerweile ein paar mal im Einsatz – sogar mit auf eine Hochzeit – und was mir gleich auffiel: Ich sehe mit ihr anders (oder meine ich durch sie?). Es ist ja nicht so, dass ich das erste mal durch einen Mittelformatsucher blicke – ich fotografiere seit Jahren analog auf Mittelformat – doch das sind „Brocken“ im Vergleich zur Pentax. Das 4:3 Format und der große Sucher der Pentax mögen einen Beitrag leisten, doch irgendwie ist da noch mehr: Das Handling, die Geschwindigkeit, vielleicht auch das Wissen um die brachiale Auflösung. Ich weiss es nicht. Doch anders als die anderen digitalen Mittelformatkameras, die ich bisher in der Hand hatte, macht diese hier was sie soll und quält mich nicht. Ich hatte Hasselblads H4d in den Händen und auch die PhaseOne. Irgendwas störte mich dabei immer – irgendwas zickte herum und ich konnte ich nicht so fotografieren, wie ich wollte. Das ging mir übrigens bei Leica auch so – ich bin in der Hinsicht offenbar nicht einfach. Nun die Pentax 645z. Für eine Mittelformat fühlt sie sich verdammt leicht an und ist nicht so ein schwerer Klotz. Sie liegt sehr griffig in der Hand – griffiger noch als meine Vollformats – und die Bedienelemente finde ich da, wo meine Finger automatisch hinwandern. Und ich habe das Gefühl, diese Kamera wurde von Fotografen entwickelt und nicht von Ingenieuren. Oh Gott, das hört sich jetzt schon an wie ein Liebeslied.

Ihr erster Einsatz war ein Shooting mit Frida. Erstes Set: Schwarze Klamotten vor schwarzem Hintergrund mit weisser Haut. Nicht eben einfach. Ein erstes Testbild und meine Assistentin Kerstin steht hinter mir, schaut aufs Display und spricht aus, was ich denke: „Hä? Da musst du ja nichts mehr dran machen!? Stimmt. Das Bild auf dem Display sieht so aus, wie das, was ich in der Nachbearbeitung normalerweise bei meinen anderen Kameras gemacht hätte: Tiefen etwas rauf, Lichter etwas runter, Kontrast nach rechts und Hauttöne korrigiert. Hier auf dem Display der Pentax sieht alles fix und fertig aus. Vor allem die Hauttöne. Ich habe keine Kamera, bei der mich die Hauttöne „out-of-cam“ glücklich machen. Und ich habe (und hatte) viele Kameras. Das Vorschaubild am Display hält den prüfenden Blick später am Rechner stand: ein cremiger Bildlook mit angenehmen Farben – nicht zu scharf und nicht zu weich – und ein Dynamik-Bereich, der mir fleissig Details durch alle Zonen hindurch schenkt. Punktlandung. In der Nachbetrachtung ist das einer der Punkte, die mich am Ende am meisten überzeugen: Das fertige Bild. Ich habe noch nie so wenig Hand an das fertige Bild anlegen müssen, wie bei dieser Kamera. Der Weißabgleich, die Hauttöne, die Details, die Schärfe – alles ist so, wie ich es mir im Optimalfall wünsche.

pentax-frida

Ich hab irgendwann sogar auf jpg umgestellt, weil ich das s/w-Preset aus der Kamera einfach nur geil fand…
pentax645z-s-w
Je länger ich mit ihr arbeitete, desto mehr Pluspunkte sammelte sie. Ich will gar nicht auf allen Details herumreiten. Es gibt genug Tests im Internet. Ein paar (für mich) wichtige Punkte will ich kurz anreißen.
Am beeindruckendsten fand ich den

Dynamikumfang

Halleluja! Bei ISO100 ist er mit 13 Blendenstufen angegeben. Die Reserven, die in Lichtern und Schatten zu finden sind, überzeugen sowas von… Wie das aussieht, kann man an diesem Testbild ganz gut ablesen. Ich habe das Bild absichtlich weit unterbelichtet, um zu sehen, was möglich ist. Ihr könnt dieses DNG gern mal herunterladen und in Lightroom mal am Belichtungsregler spielen: pentax-645z-dynamik

Blitzsynchronzeit

Hier scheiden sich die Geister. Eine Blitzsynchronzeit von 1/125 sek. lässt Mittelformat-Jünger hysterisch aufschreien. Aber ganz unter uns: Viel schneller ist eine Spiegelreflex aus dem Hause Canon oder Nikon nun auch nicht und trotzdem haben alle die letzten 30 Jahre überlebt…

Abgedichteter Body

Die 645z hat einen abgedichteten Body, was sie für Outdoor-Fotografen interessant macht. Die 76 Dichtungen gegen Staub und Spritzwasser sind im Mittelformat-Bereich einmalig und das macht sie vor allem für Landschafts- und Tierfotografen interessant. Ein nettes Gimmick fiel mir auf: Öffnet man die Klappe für die SD-Karten, schaltet sich die Kamera automatisch aus, so dass evtl. eindringendes Wasser keinen Kurzschluss verursachen kann. Mitgedacht…
beeindruckend auch dieser Film:

Display

Das klappbare Display ist mit einem gehärteten Schutzglas versehen und bringt mit einer 8cm Bilddiagonale eine Auflösung von 1,037 Bildpunkten. Im Liveview-Modus (ebenfalls neu), kann man den Fokus manuell via Fokus-Peak einstellen. Praktischerweise auch mit 16-fach Lupe. Über die Displays anderer Mittelformatkameras will ich lieber keine Bemerkung machen…

Fokus

Der Fokus arbeitet zügig und ich kann den Fokuspunkt mit der Wippe versetzen – ein Punkt, den ich bei den Mittelformat-Mitbewerbern seinerzeit vermisste – dort gab es lediglich einen behäbigen Fokuspunkt in der Mitte. Insgesamt bietet die Pentax 27 Fokuspunkte, von denen 25 als Kreuzsensoren ausgelegt sind.

ISO Power

Ich habe die Kamera bis ISO 3200 genutzt – mehr ergab sich nicht. Vom Ergebnis war ich beeindruckt:pentax-645z-ISO Mehr Fotos aus dem Shooting mit Jasper, findet ihr hier.

Wer mehr zum Rauschverhalten wissen will, sollte sich mal diesen Heise Bericht ansehen. Hier wurde eine beeindruckende ISO Reihe aufgenommen.

Geschwindigkeit:

Die Pentax schafft 3 Bilder die Sekunde, was im digitalen Mittelformatbereicht absolut beeindruckend ist. Ich kann mich erinnern, wie meine Geduld bei der Hassi und auch bei der PhaseOne immer wieder auf die Probe gestellt wurde, weil ich warten musste, bis sie nach ihren Schreib-Arien wieder einsetzbar waren.

Mehrfachbelichtungen & HDR

Hä? Spinnt der Böttcher? Sorry, aber ich würde diese Punkte hier nicht anführen, wenn sie mich nicht beeindruckt hätten. Die Pentax kann sowohl HDR´s (also die nutzbringende Variante), als auch Mehrfachbelichtungen als RAW schreiben (bei Mehrfachbelichtungen macht sie das bereits geschossene Bild am Display sichtbar, so dass man wirklich „komponieren“ kann).

Auflösung

Die Pentax 645z kommt mit beeindruckenden 50Megapixel um die Ecke. Ich bin ehrlich: Mir ist die Auflösung eigentlich Wurscht. Ich habe keinen einzigen Kunden, der mehr als 24 Megapixel braucht. Aber auf meinem Klo steht ein Buch und da steht drauf: Es kommt nicht darauf an wer du bist, sondern wer du sein willst… 🙂 aufloesung-details-pentax645z

Preis

Der Body der Pentax 645z kostet UVP 8.000,-€. Wenn man diesen Preis dem Mittelformat-Wettbewerb gegenüberstellt, klingt das nach einer schallenden Ohrfeige für Hasselblad und Co, die den gleichen Sensor in ihren Kameras verbauen, dafür aber ein ganzes Stückchen mehr kosten. Ja, für das Geld bekommt man woanders nicht mal ein Digiback (ohne Kamera). Ich will die Preisdiskussion hier gar nicht entfachen. 8.000,-€ sind ne Stange Geld und müssen mit Fotografie erst mal verdient werden. Wiederum schwirren in meinem Umfeld immer mehr Leica-Fotografen herum, die für diesen Preis nicht mal einen Autofokus… ach lassen wir das…

Pentax hat im Mittelformatbereich eine Messlatte im Preis-/Leistungs-Gefüge gelegt, an die der Wettbewerb erst mal rankommen muss, ohne das Gesicht zu verlieren. Ich habe in den zwei Wochen, die ich die Pentax 645z hier zum Testen hatte, zwei Fotografen getroffen, die sich das Ding sofort bestellen wollten, nachdem sie sie in der Hand hatten. Und mir ging es nicht anders. Wie formulierte ich es neulich im Gespräch mit meiner Frau: Jeder gute Fotograf sollte wenigstens eine Kamera pro Sensorgröße haben… 🙂

Weitere ausführliche, deutschsprachige Testberichte findet ihr auch hier:
http://www.colorfoto.de/testbericht/pentax-645z-test-mittelformat-kamera-preis-leistung-2463180.html
http://www.heise.de/foto/artikel/Mittelformat-DSLR-Erste-Bilder-mit-der-Pentax-645Z-2249495.html?hg=2&hgi=8&hgf=false

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