1
Jul
2010
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Von einem der auszog Schraubhülsen zu fotografieren

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Als die Fritsche GmbH vor ein paar Wochen mit der Bitte an mich herantrat, Ihr Top-Produkt „Schraubhülsen für Zentralschmieranlagen und Zentralschmiersysteme“ in Szene zu setzen, war dies eine Herausforderung, der ich mich gern stellen wollte. Das Ergebnis wolle man als Großformat-Druck auf Messen einsetzen,aber auch als 3 x 4 Meter Print auf Aluminium kaschiert im Besprechungsraum aufhängen.

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Damit Ihr Euch mal ein „Bild machen könnt:

So sieht sie aus – die Schraubhülse für Zentralschmieranlagen der Fritsche GmbH – 3 cm lang – 1 Zentimeter im Durchmesser… Es standen 3 Schraubhülsen unterschiedlicher Materialien zur Verfügung.

Ich mußte nach kurzer Überlegung eingestehen, daß meine geliebte Nikon D3s für diese Aufgabe ungeeignet erschien und so wandte ich mich an meinen Freund und Still-Life Spezi Jan Lederbogen, der über ein Still-Life Studio mit der für diese Aufgabe weitaus besser geeigneten Hasselblad H3D verfügt. Still-Lifer lieben Herausforderungen dieser Art und so trafen wir uns eines schönen morgens in seinem Studio in der Hafencity und machten uns an die Arbeit.

Wir hatten uns folgenden Aufbau überlegt:
10 Uhr
Schraubhülse auf Glasplatte auf Klötzern steht auf schwarzem Grund und schwarzem Back. Kleiner Spot von hinten als Rim-Light. Key-Light 45Grad von rechts kommend… sowas (klick macht groß):

11 Uhr
Wir hatten die Rechnung ohne den Protagonisten gemacht, denn die Schraubhülse an sich ist aus grobem Metall gefertigt und egal, was wir lichttechnisch anstellten – die Oberfläche der Schraubhülse sah immer aus „wie aus einem alten Filz gezogen“. Still Lifer haben hierfür ein Studio-Effekt Spray – so eine Art Mattlack – im Schrank und so wurden unsere Protagonisten einer Behandlung unterzogen, was erwartungsgemäß von Erfolg gekrönt wurde.

12 Uhr
Nun ging es um die Perspektive. Ich bin ein ganz großer Fan davon, Motiv und Kamera auf exakt die selbe Ebene zu setzen bzw. sogar etwas „erhabener“  (also leicht von unten) aufzunehmen. Das Problem dabei ist, daß die Schnittkanten der Glasplatte permanent im Bild sind. Mit viel Gefummel und dem Einsatz eines Tilt-Shift-Adapters konnten wir auch dieses Problem lösen.

13 Uhr
Erste Testshots. Irgendwas wollte mir nicht gefallen. Mir fehlte das „Geheimnis“ im Bild. Wir hatten 3 Lampen: Spot von hinten, große Softbox von rechts, kleine Softbox von links oben. Hmmm
Jan hatte die Idee mit Reflektionen zu Arbeiten und holte einen Taschenspiegel  aus dem Schrank, den wir an den unterschiedlichsten Positionen platzierten. Am besten gefiel uns frontseitig unter der Glasplatte

Der Spiegel fehlt aus irgendeinem Grund hier auf dem Bild – er war aber da!

14 Uhr
Wir beginnen mit dem ersten Bild. Kleinste Staubkörnchen und Striemen auf der Glasplatte treiben uns zur Verzweiflung. Durch den Spot von hinten wird der Schmutz extrem „aufgewertet“. Huuuuäääääh!
Wir bauen alles wieder ab und putzen das Glas, daß unsere Ehefrauen uns hinterher pfeifen würden…

15 Uhr
Neuer Versuch. Ich überlege in einen antiseptischen Raum zu ziehen. Du kannst putzen wie du willst… Ich sehe nur noch Staub. Er wird immer größer. Ein kurzer Versuch auf Lackfolie als Ground umzusteigen wird nach einem kurzen Testshot wieder verworfen.

15.30 Uhr
Jetzt aber! Taschenspiegel platziert. Die Schraubhülsen für den Anfang mal wie Parfüm-Flakons ausgerichtet, Staub weggeblasen und Schusssssssss! Yeah! Das war was ich wollte:

16 Uhr
Ich will die Lokomotive!

17 Uhr
Wir nehmen „Moods“ auf:

18 Uhr
Zwei glückliche Männer strahlen mit Augen, als hätten sie gerade die Eisenbahn zu Weihnachten bekommen

Das Ende vom Lied?
– Kunde überglücklich
– wieder was gelernt
– Blogpost geschrieben „… von einem der auszog Schraubhülsen zu fotografieren“

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19 Responses

  1. Pingback : Das Foto ist gemacht, und nun? | Der Stilpirat

  2. Krass!
    Ganz schön mutig, sich dieser Herausforderung zu stellen! No Risk – No Fun…

    Noch schöner, wenn man Freunde mit solcher Ausrüstung hat… 🙂

  3. Pingback : browserFruits: Links & News zur Fotografie | KWERFELDEIN | Digitale Fotografie

  4. Vielen Dank für den informativen Post. Ich musste mich neulich auch mal an Produktfotos versuchen. Hochglänzende Oberflächen und keine Ahnung, wie ich die in Szene setzen sollte. Und auch der Staub war dort ein echtes Problem. Den letzten Staubkörnchen konnte ich nur mit Photoshop zu Leibe rücken.
    Deine Bilder sind perfekt. Jetzt weiß ich immerhin, was ich falsch gemacht hab- und das ist nicht wenig.. 😉

  5. Die Mood-Variante gefällt mir auch am besten. Ihr habt echt viel Aufwand dafür betrieben. Da bekommt man echt Lust, auch mal wieder ein paar Stills zu fotografieren…

  6. Mir gefallen die ersten beiden Bilder echt sehr gut. Die Symmetrie und der kühle, technische Look haben es mir irgendwie angetan.

    Das Mod Bild ist nicht so mein Fall, etwas zu viel Unschäfe in meinen Augen.

    Grüße
    Carsten

  7. @DasMAddin:
    Die D3s ist eine hervorragende Reportage-Kamera.
    Allerdings verlieren sich die 12 Millionen Pixel auf einem 3×4 Meter Print etwas. Vor allem, bei einem solch kleinem Motiv – wo Du echt ein paar Details mehr haben möchtest…
    Bei der Hassi hast Du mit 39 Millionen Pixel schon auf ordentlich „Luft“ in alle Richtungen…

  8. Produktfotografie ist schwieriges Handwerk. Habt ihr gut gelöst! Geile Fotos.. 🙂

    Mich interessiert: Warum ist die D3 dafür Deiner Meinung nach nicht geeignet?

    Grüße!

    M.

  9. Noch nie habe ich über Schraubhülsen nachgedacht. Nun kann ich an nichts anderes mehr denken. 😉 Schöner Blogpost und tolle Bilder….

  10. Krasse Herausforderung! Aber in meinen Augen sehr gut gelöst! Die Sache mit der Spiegelung schaut ganz gut, aber irgendwie auch etwas zu steril aus.
    Die Mood-Variante gefällt mir sehr gut!
    Sind das im Hintergrund die anderen Schraubhülsen, die als Bokeh zu sehen sind? Schaut super aus! Ich würde als Kunde also diese Version aufhängen wollen!

    Grüße,

    Christian