29
Aug
2011
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Erste Eindrücke der Sony Alpha77

Was treibt einen überzeugten Nikon User dazu, einen Tag lang Hand an die neue Sony Alpha77 zu legen? Ich sag’s Euch: Spass und Freude am Fotografieren. Wie bereits berichtet, lud mich Sony zur Präsentation verschiedener Kameramodelle ins schöne Griechenland ein. Neben der NEX7, der NEX5n und der Alpha65 wurde auch die Alpha77 vorgestellt, eine APS-C Kamera mit einem teildurchlässigen Spiegel. Sony nennt diese Technologie: „Single Lens Translucent“ (SLT). Die Kamera hat (bauartbedingt) keinen optischen Sucher mehr und muss mit sich ausschliesslich auf einen elektronischen Sucher verlassen.

Die Key-Features auf einen Blick:

  • Wechselobjektiv-Kamera mit Translucent Mirror-Technologie
  • 24,3 Mio. Pixel Exmor™ APS HD CMOS
  • Elektronischer OLED-Viewfinder
  • Autofokus mit Objektiv-Verfolgung
  • Full HD AVCHD, 25/50p,
  • Serienbildmodus mit 12 Bilder pro Sekunde
  • 7,5 cm 3-Wege-LCD
  • Verschlusszeit bis 1/8000
  • Empfindlichkeit ISO 100-16.000

Wir bekamen direkt nach der Pressekonferenz eine Alpha77 in die Hand und durften die Möglichkeiten dieser Kamera einen ganzen Tag lang ausreizen. Zunächst muss ich zugeben, dass ich einer Kamera, die auf einen optischen Sucher verzichtet, extrem skeptisch gegenüber stehe. Elektronische Sucher sind wirklich nicht meine Sache, doch soviel als Einleitung: Ich hab mich nach ein paar Stunden, daran gewöhnt und es war gar nicht so schlimm. Ganz im Gegenteil. Ich war überrascht, wie sinnreich ein elektronische Sucher sein kann, wenn man sich mal darauf einlässt.

Als ich die Sony Alpha77, zusammen mit dem 16-50/2,8 Objektiv in die Hand bekam, musste ich mich nicht wirklich „zurechtfinden“. Alle Buttons sind ungefähr dort, wo man sie vermutet. Die Anfassqualität ist so, wie man es von einer Kamera in diesem Preissegment erwartet. Sie liegt gut in der Hand und ist nicht zu leicht und nicht zu schwer. Der erste Blick durch den elektronischen Oled-Sucher im dunklen Saal, in dem die Pressekonferenz stattfand, offenbarte mir auch gleich den grossen Vorteil eines solchen Suchers. Das Sucherbild ist trotz dunklem Szenarios hell und bis in die dunklen Ecken gut sichtbar. Und ja, das Sucherbild ist wirklich das Beste, was ich in diesem Bereich bislang gesehen habe. Es zeigt das Motiv so an, wie es später auf den Chip kommt. „What you See is what you get“ war eine gern genutzte Floskel des Sony Teams. Ok, 1:0

Als ich mit der Kamera dann jedoch in die pralle griechische Mittagssonne ging, offenbarte sich dieser Umstand jedoch auch gleich als Nachteil. Die großen Kontrastunterschiede zwischen gleissender Mittagssonne und den dadurch auftretenden harten Schattenbereichen vermag der Sensor nicht ausreichend abzubilden. Dies ist ist allerdings ein Motiv, womit jeder andere mir bekannter Sensor auch Probleme hätte. Man muss sich bei einem elektronischen Sucher via Spotmessung entscheiden, ob man die dunklen Parts des Motivs oder lieber die hellen sehen möchte. Da leisten unsere Augen mit einem optischen Sucher mehr. Nun denn 1:1
Fairerweise muss ich sagen, dass die optional zuschaltbare Anhebung des Dynamikumfangs super funktionierte.

Ein weiterer, grosser Vorteil des elektronischen Suchers ist, dass man das geschossene Bild sofort im Sucher sieht – der Blick aufs Display entfällt. Man kann schnell und ohne Displaykontrolle weiterknipsen. Aber auch dieser Vorteil wird sehr schnell zum Nachteil, wenn man actionreiche Motive, wie die uns präsentierte Wassersportshow fotografiert. Das Sucherbild wird dann natürlich durch die Verarbeitungsdauer und Kontrollbildanzeige für einige Sekunden in seiner eigentlichen Funktion unbrauchbar. Den Jetski-Fahrer musste ich erst wieder mit blossem Augen suchen, bevor ich weiter fotografieren konnte. Hmm.

Bleiben wir noch ein wenig bei der uns präsentierten Wassersportshow, denn hier musste der Fokus zeigen, was er drauf hat. Der grosse Vorteil der neuen Kamerageneration mit teildurchlässigen Spiegel soll ja neben der kleineren Bauweise, der schnelle Fokus sein. Die Sony Alpha 77 wusste mich hier echt zu beeindrucken. Nicht nur der integrierte „Follow Focus“, der ein Objekt, das man einmal fokussiert selbstständig weiterverfolgt machte tierisch Spass und funktionierte wirklich beeindruckend. Auch der „normale Autofokus“ tat seinen Dienst sehr schnell und präzise. Sehr hilfreich dabei war die optional zuschaltbare, farbige Umrandung des fokussierten Motivs im Sucher.

Beeindruckt war ich auch von der Geschwindigkeit der Kamera. 12 Einzelbilder pro Sekunde ist ein Wert, der ja bisher nur in der Profiklasse zu finden ist. Der Serienbildmodus war während der Wassersportshow mein liebster Freund und ich schaffte es nicht, ihn an die Grenze zu jagen. Chapeau!

Mich interessierten neben Fokus und Sucher vor allem das Rauschverhalten der Kamera, die gegenüber dem Vorgängermodells ein deutliche Schaufel ISO verpasst bekommen hat. Hier bin ich ja durch meine Nikon D3s etwas verwöhnt, doch erwartete ich zumindest die Möglichkeiten einer Nikon D7000. Zwar konnte man das ISO Rädchen bis in fulminante 16.000 drehen, doch bei Schummerlicht war dieser Wert unbrauchbar. Der Steffen von Lens-Flare hat in diesem Zusammenhang eine ISO-Reihe geschossen, Das Rauschverhalten ist ok, aber keinen wilden Applaus wert. Ich hätte liebend gern auf die Hälfte der Megapixel verzichtet, dafür jedoch ein besseres Rauschverhalten bekommen. Urlaubsfotografen, sollten sich daran jedoch nicht stören.

Ein weiteres erwähnenswertes Feature, ist der eingebaute, elektronische Teleconverter, der im Grunde nichts weiter ist, als ein digitaler Zoom. Man kann ihn in zwei Stufen (1,4 und 2,0) einschalten und schneidet dadurch sein Bild auf allerdings auf 12 oder 6 Mio Pixel zu. Ein Tool, dass sicherlich nur für jene Fotografen wertvoll ist, die auf eine Nachbearbeitung der Fotos verzichten wollen oder müssen. In der Sportreportage, beid er man seine Bilder sofort nach dem Spiel vom Spielfeldrand an die Redaktion weiterleitet, hab ich mit diesem Feature sicherlich einen schönen Vorsprung.

Die Alpha77 kommt mit einer Vielzahl von Features, deren ausführliches Austesten, zeitlich nicht möglich war. Ich hab mich ein wenig mit den angebotenen FilterPresets auseinandergesetzt, die in der Summe alle sehr hübsch und für EBV Muffel sicherlich auch hilfreich sind. Gut gelöst fand ich den „Miniatureffekt“ sowie die s/w-Programme. Die integrierte Lächelautomatik funktioniert wirklich, macht mir jedoch ein wenig Angst :). Auch die Möglichkeit, der Gesichtserkennung ist ein Feature, dem ich irgendwie noch skeptisch gegenüber stehe. Man kann beispielsweise ein ganze Reihe von Gesichtern in der Kamera „registrieren“. Was dann allerdings mit dieser Registrierung machbar ist, blieb für uns offen.

Was mir sonst so aufgefallen ist

Positiv

  • Die Moviefunktion ist mit 50p FullHD auf höchstem Niveau und fokussiert während des Filmens exakt nach.
  • Das in jede Richtung schwenkbare Display ist super durchdacht.
  • 1/8000 Verschlusszeit erlaubt offenblendiges Fotografieren auch in lichtreichen Situationen.
  • Gegenlichtsituationen sind kein Problem für Fokus und Belichtung
  • Die optional zuschaltbare Dynamik-Verbesserung sowie die HDR Funktion funktionieren dank schneller Bildfolgen wirklich gut.
  • Das Menü ist aufgeräumt und schnell verständlich.
  • Ich liebe die „Sweep-Panoramafunktion! Sie funktioniert selbst in schwierigen Lichtsiuationen kolossal.
  • Das integrierte GPS-Modul war überfällig und verrichtet seinen Dienst souverän. Sowas suche ich in den Profi-Cams immer noch vergeblich.

Negativ:

  • Das hintere Einstellrad, mit dem ich die Blende steuerte, ist mir etwas zu unpräzise und reagiert sehr spät. Das ist sicher durch ein Firmware Update änderbar.
  • Die in der Kamera erzeugten Panoramen werden auf 23Mio Pixel zurechtgeschnitten.
  • Der Joystick „überspringt“ beim Blättern im Wiedergabemodus gern ein paar Bilder. Zu unpräzise. Auch das lässt sich sicherlich mit einem Firmware Update beheben.
  • 24 MP – für mich ein nutzloser Datenwust. Ich konnte auf den Bildern nicht wirklich mehr Details erkennen, als ich es von vergleichbaren APS-C Kameras gewohnt bin.

 

Summary

Die Sony Alpha77 macht Spass und legt in vielerlei Hinsicht eine Messlatte. Ich konnte mit ihr meine fotografischen Ideen ohne viel Nachdenken umsetzen. Ich bekam die Möglichkeit, die Kamera mit einer Reihe von Objektiven zu testen. Dabei war das Zeiss 135mm/1,8 eine echte Offenbarung. Auch das uns zur Verfügung gestellte 16-50mm/2,8 deckt einen nützlichen Brennweitenbereich bei sehr gut Qualität ab. Der anvisierte Kit-Preis für die Alpha77 zusammen mit dem neuen Sony 16-50mm/2,8 ist mit etwa 1.800€ voll in Ordnung.

Hier ein paar Bilder „Out of Cam“:

Mehr Bilder aus der Alpha77 gabs bereits gestern in einer anderen Blogpost von mir…

Damit Ihr Euch selber einen Eindruck der Bildqualität machen könnt, habe ich mal 3 Bilder als Original-Datei (also direkt so, wie sie aus der Kamera kamen) in die Dropbox gelegt. Ein Bild wurde mit dem neuen Sony 16-50mm/2,8 gemacht, ein weiteres mit dem Sony 70-300/4,5-5,6. Als Drittes Schmankerl, findet Ihr ein in der Kamera zusammen gefügtes Panoramabild. Die Aufnahmen stehen für Euch mit folgender  Creative Commons Lizenz zur Verfügung:

 

Download: http://db.tt/dnW4LYW

 

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11 Responses

  1. Pingback : Was war, was wird… | Der Stilpirat

  2. Die A77 ist schon wie die A55 im Studio nicht zu gebrauchen. Denn bei der A55 und nun auch bei der brandneuen A77, bleibt bei der Verwendung von einer Studioblitzanlage bzw. einem Funkauslöser, einfach das Display und der Sucher schwarz.

    => Das stimmt so nicht. Die a77 hat eine Option für den Studio-Modus.

  3. doh

    „*Die A77 ist schon wie die A55 im Studio nicht zu gebrauchen. Denn bei der A55 und nun auch bei der brandneuen A77, bleibt bei der Verwendung von einer Studioblitzanlage bzw. einem Funkauslöser, einfach das Display und der Sucher schwarz.“
    ——————————

    Das ist kompletter Kaese.
    Im Menue laesst sich die EVF Belichtungsvorschau auf Studiomodus (Anzeigeprioritaet) setzen

  4. Pingback : Hands on: Sony Alpha A77 | Jeriko

  5. @Wastl Möglicherweise liegt das daran, dass man in der Kürze der Zeit zunächst die „Standards“ abfotografiert, um Vergleichsmöglichkeiten zu haben. Wir waren ja nicht auf einem „Kreativ-Camp“. Und was den „Unterschied zu 200€“ Knipsen angeht: Dafür hab ich extra 3 Bilder im original beigelegt, um sich über die Qualität ein eigenes Bild machen zu können.

  6. Wastl

    Irgendwie… ich hab den Artikel bei kwerfeldein auch schon gelesen und ihr seid ja alles gute Fotografen – aber die Bilder, die von dem Event zu finden sind, sind allesamt langweilig. Alles superscharf und knackbunt, klar. Aber irgendwie sehe ich da keinen Unterschied zu einer 200€-Knipse von Nikon, Fuji oder sonstwem.

    Wahrscheinlich merkt man das erst in der Eigennutzung, ob und was ein vermeintliches Flaggschiff wie dieses mehr kann. So finde ich den Event aber eher kontraproduktiv, auch wenn ne Menge Buzz bei rumkommt.

  7. Die A77 habe ich mit großer Spannung erwartet und auch die Berichterstattung intensiv verfolgt. Denn diese Kamera war für meine Art des fotografieren, sehr Interessant. Leider hat Sony die Hausaufgaben bei der A77 nicht gemacht.
    *12 Bilder pro Sekunde – Tja, nur leider hat Sony vergessen der A77 genug Pufferspeicher einzubauen, was hilft einem 12 B/s bei diesen Speicherzeiten?

    *Die A77 ist schon wie die A55 im Studio nicht zu gebrauchen. Denn bei der A55 und nun auch bei der brandneuen A77, bleibt bei der Verwendung von einer Studioblitzanlage bzw. einem Funkauslöser, einfach das Display und der Sucher schwarz. Es gibt zwar einen Workflow dafür wie man das umgehen kann, aber hey, wenn Sony schon wusste das es bei der A55 nicht funktioniert (und dieses Problem bis jetzt noch nicht durch ein Firmware Update behoben wurde) warum das dann auch in der ganz neuen A77?

    Ich könnte hier noch weitermachen, aber das würde zu nichts führen. Ich persönlich bin von der A77 enttäuscht, denn so ist das einfach nur Käse. Sorry, so ist die A77 für mich aus dem Rennen.

  8. Adam Cichecki

    Danke für die ausführliche und kritische Ausführung über diese doch lange erwartete Kamera. Konnte es kaum erwarten deine Eindrücke zu lesen.

  9. dogwatcher

    Hmm.. da, wo du „1:1“ gewertet hast (Kontrastunterschiede), hätte ich fast sogar eher „2:0“ für die Sony gewertet…

    Das ist für mich zumindest theoretisch (ich muss das praktisch noch mal ausprobieren) doch fast eher ein Vorteil… ich sehe schon VORHER, wo es mir die Dynamik zerreisst… aber es ist natürlich ungewohnt, und es mag ein Aspekt sein, wo man denkt „hier ist der digitale Sucher dem optischen unterlegen“.

    Ist in diesem konkreten Falle vielleicht eher eine Frage des Standpunktes… was ist wichtiger/besser für einen: Es so zu sehen, wie „das Auge es sieht“, oder so, wie die Kamera?